Radlader Führerschein – Pflicht oder Freiwillig

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Wer sich heute die Bauwerke ansieht, die von Menschen schon vor Tausenden von Jahren erschaffen wurden, etwa die Pyramiden von Gizeh, stellt sich sicher auch mal die Frage: „Wie haben die das ohne Bagger oder andere Baumaschinen geschafft?“. Mit viel Zeit und noch mehr Manpower geht vieles, was heute unvorstellbar erscheint, dürfte die Antwort darauf sein. Eigentlich ist doch aber unser modernes Zeitalter unvorstellbar. Dank der Erfindung von Baumaschinen, die in kürzester Zeit hunderte Tonnen Erde bewegen können, wurden und werden Bauwerke erschaffen, die alles Bisherige weit in den Schatten stellen. Eine dieser Baumaschinen ist der Radlader, ein Allrounder für Baustellen, Bauhöfe oder auch landwirtschaftliche Betriebe.

Dabei gibt es noch eine Besonderheit unter den Radladern, denn viele Radlader lenken und fahren sich nicht wie andere vierrädrige Fahrzeuge. Üblicherweise besitzen viele Baumaschinen, genau wie ein Auto oder ein Lkw, eine vordere Lenkachse und eine hintere Starachse. Das ist für das übliche Anwendungsgebiet dieser Fahrzeuge, die Geradeaus-Fahrt, die sicherste und ökonomischste Art des Vortriebs. Auf Baustellen oder auch auf landwirtschaftlichen Höfen ist jedoch oft eine hohe Wendigkeit bei gleichzeitiger Lastaufnahme gefragt, die ein Fahrzeug mit einer vorderen Lenkachse und einer hinteren Starachse nur bedingt aufbringen kann. Das Problem besteht darin, dass das Fahrzeug über seine gesamte Länge hin und her bewegt werden muss. Wer kennt zum Beispiel nicht die Schwierigkeiten, die das Einparken mit dem Auto in engen Lücken mit sich bringt? Die Lösung für das Problem wurde bereits in den 1960er-Jahren entwickelt, die Knicklenkung. Dabei werden nicht etwa die Vorderräder in die gewünschte Lenkrichtung gedreht, sondern der gesamte Vorderwagen. Ein sog. Knicklader (wie z.B. der WEMATIK 809) zeichnet sich dadurch aus, dass das vordere und das hintere Teil des Fahrzeuges durch ein Knickgelenk miteinander verbunden sind. Das gesamte Fahrzeug kann sich bis zu einem gewissen Grad in der Mitte nach rechts oder links abknicken, es faltet sich quasi zusammen. So muss der Knicklader zum Beispiel beim seitlichen Beladen eines Lkw mit seiner gesamten Länge nicht exakt im rechten Winkel zu diesem stehen, sondern kann aus fast jedem Winkel an den Laster heranfahren und seine Last trotzdem sauber abladen. Gleichzeitig kann ein extrem kleiner Wendekreis erzielt werden, sodass die Arbeit auch in kleinen Gärten vonstatten gehen kann.

Radlader Führerschein – welche Voraussetzungen?

Den Radlader Führerschein gibt es in dieser speziellen Bezeichnung in Deutschland nicht. Es gibt vielmehr die Fahrerlaubnisklassen L und T. Diese beinhalten das Führen selbstfahrender Arbeitsmaschinen und genau das ist ein Radlader. Die Unterschiede zwischen den beiden Fahrerlaubnisklassen beziehen sich auf die Höchstgeschwindigkeiten der Arbeitsmaschinen, sprich Radlader, und unterteilen sich wie folgt:

  • Arbeitsmaschinen bis 6 km/h sind führerscheinfrei zur Führung im Straßenverkehr
  • Arbeitsmaschinen bis 25 km/h benötigen die Klasse L zur Führung im Straßenverkehr
  • Arbeitsmaschinen bis 40 km/h benötigen die Klasse T zur Führung im Straßenverkehr

Ist der Radlader schneller als 40 km/h und wiegt er weniger als 3,5 Tonnen, wird die Fahrerlaubnisklasse B benötigt. Wiegt er bis zu 7,5 Tonnen und ist schneller als 40 km/h, braucht es die Klasse C1 und alles was an Arbeitsmaschinen schneller als 40 km/h und schwerer als 7,5 Tonnen ist, darf nur von Inhabern der Fahrerlaubnisklasse C auf öffentlichen Straßen bewegt werden. Grundsätzlich gilt, dass bei Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr mit dem Radlader weder Lasten noch Personen transportiert werden dürfen. Der Radlader darf jedoch einen Anhänger ziehen, wenn es die Betriebserlaubnis und die Zulassungsbescheinigung erlauben. Sonst muss auch ein Radlader alles dabei haben, was andere Kfz im Straßenverkehr an Bord haben müssen:

  • Warnweste
  • Warndreieck
  • Verbandskasten

sowie zusätzlich

  • Warnleuchte ab 3,5 Tonnen Gesamtgewicht
  • Unterlegkeile ab 4 Tonnen Gesamtgewicht

Der Führer des Radladers muss für eine Fahrt (Überführungsfahrt) folgendes vorbereiten:

  • Abdeckung aller scharfen Kanten und Spitzen am Radlader
  • Anbringung eines Adressschildes auf der linken Seite des Radladers
  • Bei zulassungsfreien Radladern, die nicht schneller als 20 km/h fahren, sind hinten sowie auf beiden Seiten Schilder mit dem Aufdruck 20 km/h anzubringen.

Bezüglich der mitzuführenden Papiere sind bei Radladern bis 20 km/h erforderlich:

  • Allgemeine Betriebserlaubnis bzw. Einzelbetriebserlaubnis mit Gutachten
  • Eventuelle Spezialgenehmigungen bei technischen Veränderungen
  • Eventuelle Ausnahmegenehmigungen

Bei Radladern über 20 km/h:

  • Betriebserlaubnis
  • Fahrzeugschein
  • Aktuelle TÜV-Bescheinigung.
  • AU-Bescheinigung
  • Eventuelle Ausnahmegenehmigungen

Die Klassen L und T können schon ab einem Alter von 16 Jahren erworben werden. Der Autoführerschein, Klasse B (üblicherweise ab 18 Jahren), enthält die Klasse L und der Lkw-Führerschein C1 enthält die Klasse T.

Wird der Radlader Führerschein immer benötigt?

Grundsätzlich gilt, dass auf privatem Gelände jeder alles fahren kann, im öffentlichen Straßenverkehr jedoch nur mit dem entsprechenden Führerschein und gültiger Betriebserlaubnis der selbstfahrenden Arbeitsmaschine.

Als Privatperson, die sich beispielsweise einen Radlader ausleiht, um damit auf der eigenen Baustelle Güter zu bewegen, wird kein Radlader Führerschein benötigt. Es ist jedoch sehr sinnvoll, sich eine Einweisung auf dieser Arbeitsmaschine geben zu lassen. Auch wenn jemand im Besitz des Führerschein B oder C1 ist und damit auch im Besitz der Klassen L oder T, bedeutet dies noch lange nicht den wirklich sichere Umgang mit einem Radlader. Der Unterricht zur Fahrerlaubnis L oder T besteht normalerweise darin, das an Flurförderzeugen wie Gabelstaplern geübt wird, selten tatsächlich an Radladern. Die Prüfung ist zudem nur theoretisch, nicht praktisch zu absolvieren.

Radlader Führerschein – Übung macht den Meister

Wie bereits beschrieben, sind Radlader sehr wendige Fahrzeuge, die zudem im Frontbereich recht hohe Lasten aufnehmen können und sich hauptsächlich im eher unebenen Gelände bewegen, beispielsweise einer Kiesgrube. Das alles hat zur Folge, dass es bei einem Radlader durchaus zu sehr kritischen Situationen kommen kann. Wird etwa ein Radlader mit gehobener Last in eine zu enge Kurve geführt, kann er durchaus kippen. Ein anderes Problem ist das Lenkgefühl, das sich erheblich von dem unterscheidet, was sich bei einer vorne befindlichen Lenkachse ergibt. Die Geschwindigkeit der Richtungsänderung und der Umstand, dass sich der gesamte vordere Teil des Radladers in eine andere Richtung bewegt, sorgen erst einmal für Überraschungen. Radlader verleiten aufgrund ihrer Wendigkeit oft auch zu übermütigen Aktionen, die durchaus fatal enden können.

Es gibt zwar keinen offiziellen Radlader Führerschein, größere Bauunternehmen wie auch kommunale Werkhöfe führen für Ihre Mitarbeiter jedoch interne Schulungen an den jeweiligen Maschinen durch, damit diese vor dem ersten echten Einsatz vorbereitet sind. Es gibt zudem Vorgaben der jeweiligen Berufsgenossenschaften bezüglich Schulung und Einsatz.  

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