Kartoffelernte – Entwicklung & Status quo
Sie ist nicht nur ein Grundnahrungsmittel, sie ist eine Feldfrucht, die in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft eine wichtige Rolle spielt, die Kartoffel.
Dabei ist die Kartoffel in Europa nicht endemisch. Ihre Wurzeln finden sich in Süd- und Mittelamerika. Zusammen mit der Tomate, dem Mais, dem Kürbis, der Avocado, den Blaubeeren und der Papaya wurde sie ab der Mitte des 16. Jahrhundert vom amerikanischen Doppelkontinent aus langsam in Europa eingeführt. In Deutschland war die Kartoffel ein Spätstarter. Der großflächige Anbau begann erst ab der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Seltsamerweise werden heute im weltweiten Vergleich in Südamerika am wenigsten Kartoffeln verzehrt. Allerdings steht wiederum Deutschland nicht an der Spitze der Länder, in denen Kartoffeln angebaut und gegessen werden. Diese Legende aus den Deutsch-Französischen Kriegen hält sich bis heute hartnäckig, ähnlich der mit dem Sauerkraut. Es sind die Russen, die mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von jährlich rund 250 kg an der Spitze stehen. Deutschland befindet sich mit 63 kg pro Einwohner knapp über dem Mittelwert von 53 kg.
Im Verhältnis zu den größten Anbauflächen für Feldfrüchte ist der Ertrag der Kartoffel als eher bescheiden zu nennen. Die Anbauflächen der wichtigsten Arten verteilen sich wie folgt in Prozent:
Während die Ernte von fast allen Gemüsen und Obstsorten in Deutschland nicht ausreicht, den Bedarf zu decken und deshalb importiert werden muss, sieht es bei der Kartoffel anders aus. Sie ist über den Eigenverbrauch hinaus ein Exportgut deutscher Landwirte. Allerdings unterliegt der Ernteertrag von Jahr zu Jahr durchaus erheblichen Schwankungen.
Über den Zeitraum der letzten 20 Jahre betrachtet, werden in Deutschland im Durchschnitt pro Jahr 11 Millionen Tonnen Kartoffeln geerntet. Doch die Schwankungen können enorm sein. Im Jahr 2003 etwa fiel die Kartoffelernte mit nur 9,9 Millionen Tonnen extrem niedrig aus. Ein Jahr später, 2004, vermeldete die Agrarwirtschaft mit 13 Millionen Tonnen eine absolute Rekordernte. Der Tiefststand innerhalb dieses Zeitraums wurde im Jahr 2018 erreicht. Der Supersommer dieses Jahres verursachte eine Missernte von nur 8,9 Millionen Tonnen.
Werden die letzten 10 Jahre, 2012 bis 2021, mit den davor liegenden 10 Jahren, 2001 bis 2010, verglichen, zeigt sich ein eindeutiger Trend zu einem geringeren Ernteertrag. Während der Durchschnitt in der Dekade von 2001 bis 2010 noch bei 12,57 Millionen Tonnen pro Jahr lag, fiel der Durchschnitt der Kartoffelernte der darauffolgenden Dekade nur noch mit 10,65 Millionen Tonnen Ertrag pro Jahr aus.
Der wichtigste Grund für das Sinken des Ernteertrags bei der Kartoffel ist das Klima. Praktisch alle Jahre mit geringem Ernteertrag der letzten 20 Jahre sind zugleich Jahre mit hohen Durchschnittstemperaturen. Dabei lagen die 3 Jahre mit absoluten Hitzerekorden seit Aufzeichnung der Temperaturen alle innerhalb des zurückliegenden Jahrzehnts. Es waren die Jahre 2015, 2018 und 2019. Hinzu kommen häufige Regenfälle im Frühjahr und Sommer, die wiederum Pilzinfektionen auslösen. Obwohl die Kartoffel ursprünglich aus Süd- und Mittelamerika stammt, ist sie deswegen keine Tropenfrucht. Ihr dortiges Anbaugebiet waren trockene Höhenlagen in oder an den Anden. Zu viel Feuchtigkeit und Wärme verhindern das Wachstum der Kartoffel.
Stetig sinkende Ernteerträge setzen in der Landwirtschaft eine Abwärtsspirale in Gang, genauso wie steigende Erträge eine Aufwärtsspirale verursachen. Erzielen die Landwirte pro Hektar angepflanzter Kartoffeln immer weniger Ertrag, wird die Anbaufläche reduziert und auf den frei gewordenen Flächen andere Feldfrüchte angebaut. So wurde beispielsweise die Anbaufläche für die Kartoffel vom Jahr 2020 zum Jahr 2021 um 5,2 % reduziert.
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Ab dem März 2020, mit dem Beginn der Corona-Pandemie, begann der Erzeugerpreis für die Kartoffel in den freien Fall überzugehen. Von 33 Euro pro 100 kg im Februar 2020 auf 10 Euro im September, wobei das natürlich auch Erntezeit ist und das Überangebot den Tiefpreis mitverursachte. Doch der Erzeugerpreis stieg dann kaum noch, weil durch die Einschränkungen die Nachfrage sank. Erst im März 2021 ging es langsam wieder aufwärts. Im Sommer 2021 lag der Erzeugerpreis zeitweise bei 40 Euro pro 100 kg. Doch ist das keineswegs ein extremer Ausreißer. Eine ähnliche Situation lag auch 2017 / 2018 vor, ganz ohne Pandemie, dafür aber mit Rekordernte.
Ein erheblicher Teil der Kartoffelernte im Erntemonat September wandert nicht sofort in den Verbrauch. Etwa 40 % der Ernte wird eingelagert und in den folgenden Monaten langsam in den Verkehr gebracht. Dabei ist das Preisgefüge innerhalb Deutschlands sehr unterschiedlich. Die tiefsten Preise kurz nach der Kartoffelernte finden sich in Niedersachsen. Es ist das Kartoffelbundesland Nr. 1 in Deutschland. Gut 45 % der gesamten Kartoffel-Anbaufläche vereinigt Niedersachsen auf sich. Während im September 2021 dort der Erzeugerpreis bei 10,50 Euro lag, bekamen bayrische Landwirte im selben Zeitraum fast 15 Euro pro 100 kg Kartoffeln.
Die Höchstpreise für Kartoffeln erzielen die Landwirte oder besser die Agrargenossenschaften im Monat März. Dann sind die Lagervorräte weitgehend abgebaut. Dabei dürfen es bisweilen sogar über 50 Euro pro 100 kg sein, wie etwa im März 2019. Natürlich schlagen sich diese Schwankungen nicht in gleicher Höhe auf die Verbraucherpreise durch.
Abgesehen davon, dass nun in der beginnenden Nach-Corona-Ära die Kartoffelpreise aufgrund der einsetzenden Nachfrage, speziell aus der Gastronomie, so oder so stark steigen, hat sich in den letzten Jahren der Preis auch für den Endverbraucher stetig nach oben bewegt. Die verringerte Anbaufläche macht sich bemerkbar.
Wie die Zukunft der Kartoffel aussehen wird, hängt fraglos davon ab, ob Kartoffelsorten angebaut werden, die mit den veränderlichen Klimabedingungen zurechtkommen und natürlich, ob der Ertrag pro Hektar befriedigend ist und die Verbraucher sowie die Industrie Geschmack und Inhaltsstoffe dieser Kartoffeln akzeptieren.
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Geschrieben am: 2022-03-28