Dreipunkt-Kraftheber – Revolution im Ackerbau

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Manche Erfindungen bleiben von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet, obwohl sie auf das Leben einen enormen Einfluss genommen haben und noch immer nehmen. Dazu gehört mit Sicherheit die Dreipunktaufhängung oder der Dreipunkt-Kraftheber, ohne den es die Landwirtschaft heutigen Ausmaßes und damit die Versorgung mit wichtigen Grundnahrungsmitteln für Milliarden Menschen vielleicht nicht gegeben hätte.

Als im 19. und zu Anfang des 20. Jahrhundert die Bevölkerung aufgrund der industriellen Revolution immer mehr in die Städte drang, um in den Fabriken zu arbeiten, entstand auf dem Land ein enormer Mangel an Arbeitskräften. Das wiederum führte zu Engpässen bei der Versorgung der Stadtbevölkerung mit Lebensmitteln, vor allem im Bereich der Feldfrüchte. Ackerbau war traditionell ein personalintensiver Bereich der Landwirtschaft. Pflügen, eggen, säen, jäten und schließlich das Ernten vom Feld kostete Zeit und körperliche Kraft. In dem Land, in dem die industrielle Revolution ihren Anfang nahm, in Großbritannien, wurde auch die Notwendigkeit gesehen, die Landwirtschaft zu revolutionieren. So beauftragte die britische Regierung den Iren Harry Ferguson mit der Entwicklung effizienter Landmaschinen. Das tat er so gut, dass noch heute Traktoren gefertigt werden, die seinen Namen tragen, die Fahrzeuge des US-Herstellers Massey Ferguson. Aber vermutlich war seine Idee der Dreipunktaufhängung zwischen Zugmaschine und dem jeweiligen Anhänger die weit wichtigere Erfindung, denn Traktoren gab es schon und auch Landmaschinen, nur waren sie als Gespann nicht so effektiv, wie sie hätten sein können.

Von der Duplex-Hitch zur Dreipunktaufhängung

Als Ferguson im Jahr 1933 seinen ersten Traktor mit Dreipunktaufhängung vorstellte, wurden die meisten Landmaschinen noch mit einer sogenannten Duplex-Hitch an die Zugmaschine angehängt. Eine Zweipunktaufhängung, wobei die beiden Kupplungen meist horizontal nebeneinander angeordnet waren. Der Nachteil war, dass die Anhänger im weichen Untergrund oft tief einsanken und leistungsschwache Traktoren die Zugleistung nicht mehr aufbringen konnten. So war etwa die Nutzung eines 6-Schar oder gar eines 12-Schar-Pfluges nur mit sehr leistungsstarken Traktoren möglich. Ferguson machte aus der Duplex-Hitch eine Dreipunktaufhängung, wobei zu den zwei unteren Kupplungen eine mittig darüber angeordnete Kupplung kam. Die Aufhängung sah nun aus wie ein Dreieck, wobei die oberste Spitze des Dreiecks die Aufgabe übernahm, einen Teil des Gewichts des Anhängers auf den Traktor zu überragen. So sanken die angehängten Maschinen nicht mehr so tief ein und der Traktor selbst erhielt durch das höhere Gewicht auf die großen Hinterräder mehr Traktion. Damit konnten dann auch leistungsschwächere Zugmaschinen größere Anhänger ziehen. Eine genial einfache Idee, geboren aus der Anwendung der Hebelgesetze, die nach wie vor funktioniert.

Dreipunktaufhängung mit hydraulischer Unterstützung

Von Anfang an spielte bei der Entwicklung der Dreipunktaufhängung die Hydraulik eine wichtige Rolle, denn rein mechanisch die Kräfte bewältigen zu wollen, die bei der Anwendung entstehen, hätte nicht oder wiederum nur mit sehr leichten Anhängern funktioniert, bei denen die menschliche Kraft ausreicht, über einen Hebel den Pflug oder ein anderes Gerät anzuheben. Fergusons erster Prototyp einer Zugmaschine mit Dreipunktaufhängung, der berühmte Black Tractor, funktionierte noch ohne Hydraulikunterstützung.

Moderne Dreipunkt-Kraftheber besitzen gleich mehrere hydraulisch arbeitende Hubzylinder, mit deren Hilfe sich alle drei Kupplungspunkte ansteuern lassen. Zudem hat sich der Anwendungsbereich der Dreipunktaufhängung oder des Dreipunkt-Krafthebers längst erweitert. Sicher sind das größte Einsatzgebiet nach wie vor die Landmaschinen, aber auch bei Baumaschinen oder Forstmaschinen ist die Idee unersetzlich geworden.

Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Sicherer Transport von angekoppelten Geräten und Maschinen
  • Vereinfachtes In-Stellung-bringen der angehängten Geräte
  • Variable Arbeitstiefen-Einstellung
  • Verbesserte Traktion der Zugmaschine
  • Allradgetriebene Traktoren erhalten gleichmäßige Traktion auf alle vier Räder 
  • Geringerer Reifenverschleiß durch verminderten Schlupf der Antriebsräder
  • Gleichbleibende Gewichtsverteilung auch bei hohen Zugkräften, kein Anheben der Vorderräder
  • Geringerer körperlicher Einsatz des Fahrzeugführers
  • Präziser Geradeauslauf der angehängten Geräte

Inzwischen spielt bei den neuesten Entwicklungen zum Dreipunkt-Kraftheber auch die Elektronik ein gewichtiges Wörtchen mit. EHR ist die Abkürzung für elektronische Hubwerksregelung. Dafür kommen an den Kupplungen Kraftmessbolzen zum Einsatz. Diese registrieren mittels Magnetspulen die auftretenden Kräfte und geben ihre Messungen an ein elektronisches Steuergerät weiter, das den optimalen Lastzustand errechnet und entsprechend die Lage der Hydraulikzylinder verändert. Wahlweise können hierbei je nach Bedarf bestimmte Vorgaben eingestellt werden, um etwa die Zugkraft zu optimieren oder die Lage des angehängten Gerätes bestmöglich auszutarieren.

Keine großflächige Landbearbeitung ohne Dreipunktaufhängung

Um das Jahr 1900 herum ernährte ein Landwirt mit seiner Arbeit pro Jahr rund 4 Personen. Heute erzeugt ein Landwirt in Deutschland Nahrungsmittel für 135 bis 155 Personen pro Jahr. Das funktioniert nur durch den Einsatz moderner Technik, die es erlaubt, große Ackerflächen in relativ kurzer Zeit zu bearbeiten. Das wiederum hängt wortwörtlich am Dreipunkt-Kraftheber, der es erlaubt, beispielsweise 6-Schar-Wende-Pflüge einzusetzen, die eine 3 m breite Pflugfurche ermöglichen, wobei die Zugmaschine kein ausgesprochener Kraftprotz sein muss. Je nach Bodenbeschaffenheit genügt hierzu schon ein Traktor mit etwa 80 PS.

Natürlich lassen sich Traktoren nicht mit PKW oder etwa LKW vergleichen, denn die Einsatzgebiete sind völlig unterschiedlich, aber umgelegt auf die Effizienz der zur Verfügung stehenden Kraft ist der Traktor Dank der Dreipunktaufhängung das eindeutig überlegene Fahrzeug.

Sie haben weitere Fragen zum Thema Dreipunkt-Kraftheber, oder generell zu Landmaschinen oder Kleintraktoren? Dann nehmen Sie gerne Kontakt zum WEMATIK Support Team auf. Wir freuen uns auf Sie!

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